
Vor allem muss ich erwähnen, dass mit der Oktoberrevolution als eine radikale Revolution, welche die Illusion der Menschen über die Gerechtigkeit der bestehenden Ordnung des Kapitalismus gebrochen hat, in einem ziemlich rückständigen Land wie Russland die höchste Form der Emanzipation (gemessen daran, was die Menschheit bis heute erlebt hat) für die Frau erreicht wurde. Ebenso wurde der Mythos vom Sozialismus als einer unrealisierbaren Utopie, der von der herrschenden Klasse und deren Anhängern propagiert wurde, durch eine radikale Veränderung und einen revolutionären Aufstand gebrochen, die in der Zeit des imperialistischen Krieges der europäischen Staaten über die Verteilung der Welt zu Stande kamen, ein Krieg, der bis heute ungerechterweise als „Erster Weltkrieg“ bezeichnet wird. In diesen Entwicklungen wurde der Grundstein gelegt für eine andere Welt, in der die Herrschaft der Menschen über Menschen aufhören sollte. Die Oktoberrevolution hat die Macht zumindest in den ersten Jahren der Revolution an die Arbeiterklasse weitergegeben. Diese Arbeit schreibe ich aus unterschiedlichen Gründen:
1. In unserer Wissenschaft (Ethnologie) wurden seit den 70er Jahren marxistische Theorien beschränkt und durch eine Form des Strukturalismus, Kulturrelativismus, der Postmoderne und vor allem neoliberalem „Multikulti“ verdrängt. An zahlreichen Universitäten wurde und wird marxistische Wissenschaft sofort als „Ideologie“ verurteilt und als „politisch“ dargestellt und abgelehnt.
2. Ich beschäftige mich persönlich seit mehr als 12 Jahren mit der Debatte um die gesellschaftliche Rolle der Frau und ihre Emanzipation sowohl an der Universität als auch in meinem politischen Leben und habe bis jetzt wenige universitäre Abhandlungen zur Emanzipation der Frau im Zusammenhang mit der Oktoberrevolution gelesen, die sowohl die sozialistische Revolution von 1917 als auch die Wirklichkeit der Emanzipation der Frau als Fortschritt hervorgehoben haben. Die Gründe dafür, dass die WissenschaftlerInnen im gegenwärtigen gesellschaftlichen Kontext die Oktoberrevolution nicht als Erfolg bezeichnen wollen, kann man nur mit dem historischen Materialismus von Marx erklären.
3. Wie Frigga Haug in ihrem Buch „Die Vier-in-einem-Perspektive“ beschreibt, ist die Frauenfrage leider oft innerhalb der ArbeiterInnenklasse als Nebenwiderspruch angesehen worden und bis heute existieren besonders innerhalb der Arbeiterbewegung in Deutschland patriarchale Verhältnisse. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass wir uns mit der Frauenfrage, der Emanzipation und ihrem Zusammenhang mit dem Sozialismus (in diesem Fall in der ehemaligen Sowjetunion) beschäftigen.
4. In der Oktoberrevolution spielten die Frauen eine große Rolle vor und während der Revolution und bis zur Entstehung der Konterrevolution und Barbarei des „Stalinismus“. Die Oktoberrevolution entwickelte sich auf den Schultern der „bürgerlich-demokratischen“ Revolution von 1905 und der Februarrevolution 1917, die mit dem Streik der Textilarbeiterinnen am 8. März angefangen hat. Dieser 8. März, der blutige Sonntag, zerschlug die Illusion der Bevölkerung über den Charakter des bürgerlich-demokratischen Staates und bereitete den Weg für die sozialistische Revolution im Oktober 1917. Es waren also die Frauen, die mit ihrem Streik die Lage für die Revolution vorbereiten, was in der Literatur zur Februar- und Oktoberrevolution von der herrschenden Klassen verschwiegen und in Vergessenheit gedrängt wird.
In diesem Zusammenhang wird die kommunistische und sozialistische Auseinandersetzung in der Theorie und Praxis mit der Emanzipation der Frau als abstraktes Individuum und der Frauen als Hälfte der Menschheit von der bürgerlichem feministischen Herangehensweisen und von dem Anarchismus unterschieden. Das Wort Kommunismus, das für viele in unserer gegenwärtigen Gesellschaft nach dem Fall der Sowjetunion abschreckend wirkt, wird in dieser Arbeit bewusst verwendet, um zu zeigen, wie der Kommunismus als wissenschaftlicher Sozialismus, der später unter dem Namen des Marxismus anerkannt wurde, sich von vom linken bürgerlichen Sozialismus unterscheidet.
Ich bedanke mich vor allem bei meiner Freundin Nora Bräcklein, einer emanzipierten Frau, die, während ich diese Arbeit schrieb, mit viel Geduld und Aufmerksamkeit meine Arbeit las, korrigierte und Anregungen gab und mir den Rücken freihielt, indem sie auch während ihrer Vorbereitung auf ihr Staatsexamen mehr Zeit mit unseren zwei Kindern Yanni und Yamur verbrachte, damit ich meine Arbeit in Ruhe schreiben kann. Gleichzeitig zeigt sich in der Tatsache, dass ich über die Emanzipation der Frau schreibe, während meine Freundin einen Großteil der Sorgearbeit übernimmt und viel Zeit und Muße auch in diese Arbeit steckt, die hinterher nur unter meinem Namen erscheint, wie schwierig die Überwindung der traditionellen, patriarchalen Rollenverteilung auch für mich als Mann und sie als Frau ist, die für die Emanzipation der Frauen kämpfen. Aus der Ironie, die in diesem Verhältnis steckt, bleibt uns nur zu betonen und uns immer wieder vor Augen zu führen, wie schwierig und wichtig sowohl die radikale Veränderung der Verhältnisse als auch der gesellschaftlichen und individuellen Herangehensweisen ist.
Außerdem möchte ich mich bedanken bei Thilo Rösch, Jannis Ehling und Halis Yildirim, die diese Arbeit aufmerksam korrekturlasen und wichtige Anregung, Kritik und Rückmeldung gaben. Mein ganzes Studium konnte ich nur verwirklichen durch die dauerhafte Unterstützung durch Prof. Dr. Hanne Heckmann und Dr. Bernd Braun, weshalb ihnen mein besonderer Dank gilt.