Verhinderung der drohenden Abschiebung zweier politischer Aktivisten in den Iran

Während im Iran wieder zunehmend Todesurteile gegen politische Gegner*innen des islamisch-faschistischen Regimes und gegen „rückgeführte“ iranische Flüchtlinge gesprochen und teils vollstreckt werden, schiebt der deutsche Staat auch inmitten der Corona-Pandemie wieder in den Iran ab.

Die beiden kurdischen Brüder Mehdi Fatahnejad (politisch aktiv unter dem Namen Karo Azadi), geboren am 04.09.1989, und Saddi Fatahnejad, geboren am 01.03.1987 in Sanandaj, stellten am 02.06.2016 einen Asylantrag in Deutschland. Im Iran hatten sie seit 2007 im Untergrund für die Kommunistische Arbeiterpartei Iran gearbeitet. Saddi floh Ende 2008, in den Nordirak, nachdem er aufgrund seiner politischen Aktivitäten im Iran ein Jahr im Gefängnis saß, Mehdi 2009, wo sie ihre politische Arbeit fortsetzten. Außerdem engagierten sie sich in der kurdisch-irakischen Bauarbeiter Gewerkschaft und wurden in Fragen des Aufenthaltsrechts auch von der Kurdischen Organisation der Kommunistischen Partei Iran (Komalah) unterstützt. Sie haben eine Gewerkschaft für die Arbeiter*innen aus dem Ausland im Nordirak mitbegründet.  Wegen der ständigen politischen und aufenthaltsrechtlichen Unsicherheit sowie der Präsenz des iranischen Regimes im Nordirak flohen sie 2016 nach Deutschland.

Trotz dieser Vorgeschichte wurden die beiden Brüder vom BAMF und in zweiter Instanz vom Verwaltungsgericht Sigmaringen abgelehnt und dazu angehalten, sich im iranischen Konsulat Pässe ausstellen zu lassen, wo sie dem iranischen Regime schutzlos ausgeliefert wären. Diese keinesfalls neue Praxis der Ablehnung politischer Aktivist*innen können die deutschen Behörden nur durch ihre kolonialistische Herangehensweise rechtfertigen: Sie erwarten von Asylsuchenden aus allen Kulturkreisen eine westliche Erzählweise, in der in einem klar strukturierten und chronologischen Erzählstrang die häufig verworrenen und komplizierten Lebensgeschichten widergegeben werden. Das ähnelt mehr einer Abschlussprüfung an deutschen Schulen, als dem Versuch herauszufinden, welche äußerst schwierigen und nicht selten traumatisierenden Erlebnisse die betreffende Person hinter sich hat und welche Gefahren eine Abschiebung für sie bedeuten würde. Eine Ausnahme für iranische Asylsuchende bildet der Religionswechsel vom Islam zum Christentum. Dieser ist im Iran ebenso untersagt wie politische Arbeit gegen das Regime und wird auch ähnlich verfolgt und bestraft. Für die deutschen Behörden gibt es aber offensichtlich einen bedeutenden Unterschied: Wer sich für die traditionell herrschende Religion Deutschlands entschieden hat, erhält damit in der Regel auch das Bleiberecht. Wer allerdings gegen staatliche Unterdrückung und Ausbeutung im Iran gekämpft hat, wird sich u.U. auch nicht uneingeschränkt in den deutschen Staat assimilieren lassen. Dass diesen Menschen bei einer Abschiebung in den Iran Folter und Todesstrafe drohen, muss dabei offensichtlich nicht unbedingt ein Hindernis sein. Hierin offenbart sich der politische Charakter des Asylverfahrens der BRD.

Indes offenbart das iranische Regime zur Zeit wieder seine Willkür und Grausamkeit im Umgang sowohl mit politischen Aktivist*innen als auch mit in den Iran abgeschobenen Geflüchteten. In den letzten Wochen wurden mehrere linke Schriftsteller festgenommen (u.a. Mehdi Salimi und Milad Jannat), was eine neue Etappe der Verfolgung einzuleiten scheint. Am 14.07. wurden Diakor Rasoul Zadeh und Saber Sheikh Abdullah hingerichtet, denen unter schwerer Folter Geständnisse über ihre vermeintliche Zusammenarbeit mit Komalah und die Ausübung eines Attentats in Mahabad im September 2010 abgerungen worden waren. Viel Aufmerksamkeit erregten in den letzten Tagen drei junge Aktivisten, die während der Proteste Anfang des Jahres festgenommen worden waren: Amir Hossein Moradi war zur Unterstützung der Proteste aus Deutschland in den Iran zurückgekehrt, Mohammad Rajabi und Said Tamjidi waren aus der Türkei in den Iran abgeschoben worden. Ihre Hinrichtung konnte vorerst durch eine breite öffentliche Kampagne verhindert und in lebenslange Haft (die insbesondere im Iran mindestens einer psychischen Hinrichtung gleichkommt) umgewandelt werden. Das iranische Regime bleibt unberechenbar in seinem Umgang mit politischen Gefangenen und Aktivist*innen, insbesondere mit kurdischer Herkunft und kommunistischer Einstellung. Aktuell sieht das Regime sich von den wiederholt aufflammenden Protesten im Land in seiner Existenz bedroht. Dadurch wächst unsere Sorge, dass die Abschiebung unserer Genossen in den Iran einem Todesurteil gleichkommt, ausgesprochen von den deutschen Behörden, vollstreckt von iranischen Henkern.

Freund*innen und Genoss*innen der Fatahnejad-Brüder

Kontakt: Hassan Maarfi Poor, 0176 21887621, hassan.maarfipoor@gmail.com

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