Etwa 150 Menschen demonstrierten am Samstag, den 27.05. in Heidelberg für „Freiheit und gleiche Rechte für Geflüchtete und alle Unterdrückten“. Mit Redebeiträgen am Friedrich-Ebert-Platz und zum Abschluss am Uniplatz in Heidelberg forderten sie in drei verschiedenen Sprachen und Übersetzungen in sechs Sprachen die gleichen Rechte für alle ein.
Organisiert wurde die Demo von der Space Initiative Heidelberg. Die Demonstrierenden kamen aus ganz Baden-Württemberg, viele direkt aus den Lagern für Asylsuchende, nach Heidelberg. Mit Trommeln, Bannern und Sprechchören zeigten sie den Passant*innen, Wochenendbummler*innen und Tourist*innen auf der Heidelberger Hauptstraße, dass sie sich von der deutschen Politik der Spaltung und Unterdrückung nicht unterkriegen lassen, sondern sich dagegen zusammenschließen.
Hintergrund der Demo war das Asyl- und Abschottungssystem und insbesondere die Unterbringung in den Lagern mit all den damit einhergehenden Repressalien und Kontrollen. Den Menschen dort werden jegliche Persönlichkeitsrechte genommen und als ob das nicht genug wäre, versuchen die Behörden, durch Unterscheidungen in den ohnehin schon stark beschnittenen Rechten Geflüchtete nach Nationalitäten untereinander zu spalten.
Immer neue Gesetze und Praktiken verschärfen die Lage Fliehender auf ihrem Weg nach Europa und schließlich innerhalb der EU und Deutschlands. Das neue Gesetz mit dem zynischen und verschönernden Titel „zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ fesselt Menschen mitunter jahrelang an die Erstaufnahmeeinrichtungen, die Abschiebehaft und der Abschiebegewahrsam werden ausgebaut, Menschen werden ohne Rücksicht auf Verluste nach Afghanistan, auf den Balkan und in andere Länder abgeschoben.
Im klaren Kontrast dazu forderten die Demonstrierenden Bewegungsfreiheit und das Recht zu leben und zu bleiben, wo wir wollen. Scharif Tavakulie aus Afghanistan fragte: „Wenn ihr uns nicht hier helfen könnte, wie geht ihr dann nach Afghanistan zum Helfen und um Schulen zu bauen? Lasst uns einfach nur hier unser Leben bauen“. Afghanistan sei nicht sicher, Regierungsgegner*innen werden unterdrückt und festgenommen.
Für die Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD) gab Silke einen Überblick über die staatlichen Repressionen gegen Geflüchtete, die dem Feiern der sogenannten „Willkommenskultur“ folgten und deren heuchlerischen Charakter herausstellten. Der Geschäftsführer des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg Seán McGinley machte auf die besonders prekäre Lage der Roma vom Balkan aufmerksam, die den massenhaften Abschiebungen kaum entkommen können.
Für einen gemeinsamen radikalen Kampf von Frauen und Männern sprach sich die sozialistische Aktivistin Hero aus: „Die Unterteilung von Mann und Frau ist ein Produkt des Kapitalismus, damit sie nicht gemeinsam kämpfen“ Nur mit der Abschaffung des Kapitalismus können Frauen von überall die gleichen Rechte erhalten.
Assan, der bis Anfang des Jahres in Heidelberg im Patrick-Henry-Village untergebracht war, forderte die schnelle Anerkennung ihrer Asylanträge, die Abschaffung des Lagersystems und ein Ende der gesellschaftlichen Ausgrenzung: „We are also humans. We also have rights“ (Wir sind auch Menschen, wir haben auch Rechte).
Haru vom Bündnis gegen Abschiebungen Mannheim (BgA) rief gegen das Abschieberegime zu einem „entschlossenen Widerstand – mit allen Mitteln des zivilen Ungehorsams“ auf, gegen jede Unterdrückung und Ausbeutung und für globale Bewegungsfreiheit.
Die Landessprecher*innen der Linksjugend [’solid] Emmy und Lars fragten: „Wie kann es sein, dass man per Federstrich über Leben und Tod von Menschen aufgrund ihrer Herkunft entscheiden kann?“. Sie stellten die Absurdität des Konzepts „illegaler Menschen“ heraus.
Schließlich prangerte Hassan Maarfi Poor von der Space Initiative den aufkommenden Neofaschismus an und stellte die Rolle von Parteien wie AfD und NPD heraus, die über den Umweg des Parlamentarismus eine faschistische Gesellschaft wiederaufbauen wollen. Eine Demoteilnehmerin ergriff als Letzte spontan mutig das Wort. Ihre jüdische Familie hatte vor 1933 aus 500 Personen bestanden, danach noch aus dreien. Sehr ergreifend mahnte sie an, dass Deutschland nicht wie damals andere Länder Schutzsuchenden Visa verweigern dürfe. Mit der herrschenden Abschottungspolitik macht Deutschland sich mitverantwortlich für den Tod tausender Menschen.
Zum Ende der Demo wurde zu anstehenden Terminen mobilisiert, um den gemeinsamen Kampf fortzusetzen. So findet am 31.05. die nächste Abschiebung nach Afghanistan statt, wofür zu Protesten aufgerufen wurde. Am 17.06. soll in Mannheim im JuZ auf einer Konferenz des Bündnisses gegen Abschiebung Mannheim die Vernetzung und Selbstorganisation Geflüchteter und solidarischer Gruppen in der Region weiter vorangetrieben werden.
Insbesondere in Zeiten, in denen die Rechte der Unterdrückten immer weiter eingeschränkt werden, müssen wir weiterkämpfen für eine radikal andere und gerechte Gesellschaft. Dass dieser gemeinsame Kampf durchaus Potenzial hat, zeigte die Demo in Heidelberg.
Space Intiative Heidelberg
27.05.2017