Marxismus und Foucault: Analyse des Macht-Begriffes

  • Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung………………………………………………………………………………………………………………… 3

  1. Der Macht-Begriff bei Engels und Lenin……………………………………………………………………. 7

2.1. Engels…………………………………………………………………………………………………………………. 7

2.2. Lenin…………………………………………………………………………………………………………………. 11

  1. Analyse der Macht-Begriffes bei Foucault………………………………………………………………… 14

3.1. Geschichtliche Betrachtung des Macht-Begriffes bei Foucault…………………………………. 16

3.2. Foucault und Kritik der Moderne………………………………………………………………………….. 19

3.3. Macht und Körper………………………………………………………………………… 20

  1. Fazit und Zusammenfassung…………………………………………………………………………………… 23

Literaturverzeichnis…………………………………………………………………………………………………… 25

  1. Einleitung

Die Frage, die häufig gestellt wird ist, wie die Macht als eine Form der Herrschaft in der Gesellschaft betrachtet wurde, wird oder werden kann. In dieser Arbeit geht es um den Begriff der Macht sowohl bei Marxisten als auch bei Foucault und darum, klar zu machen, inwiefern man diesen Begriff marxistisch benutzen kann oder intentionell argumentieren darf. Jede Theorie oder Analyse ist genau wie eine Brille, mit der man die Welt betrachten kann. Alle TheoretikerInnen oder AnalytikerInnen betrachtet die Gesellschaft mit ihrer jeweils passenden Brille. Diese Betrachtungen können nicht die ganze Wahrheit zeigen. Mit andern Worten: Theorien entstehen aus der Betrachtung der Gesellschaft und aus dem Lesen von Büchern. Alle TheoretikerInnen versuchen gleichzeitig ihr jeweils persönliches oder klassisches Interesse einzubringen und die Welt aus einer Perspektive zu betrachten, in der ihre jeweiligen Interessen geschützt werden müssen, sollen oder zumindest könnten.

Die Analysen des Macht-Begriffes können unterschiedlich dargestellt werden, es geht aber in dieser Arbeit um die Darstellung des Macht-Begriffes im klassischen Marxismus wie er von Marx, Engels und Lenin geprägt wurde sowie um den Machtbegriff Foucaults. Bevor ihre Darstellungen interpretiert werdensoll kurz an die Darstellungen von politischer Philosophie und denen, welche die Theorie des „Gesellschaftsvertrags“ vertreten, erinnert werden. Diese sind der Meinung, dass die Macht von der Bevölkerung richtigerweise an die Regierung weitergegeben wurde. Sie sind der Meinung, dass die Macht von der Bevölkerung als „Geschenk“ oder als eine Art „Tauschhandel“ an die Herrschenden freiwillig abgeben wurde und in dieser Situation die Menschen gar nicht gezwungen sind, ihre „Waffen“ abzugeben, sondern dies freiwillig tun. Was die VertreterInnen der Theorien des „Gesellschaftsvertrags“ nicht sehen konnten, sind die Beziehungen zwischen Produktionsweise und Macht (Marx), zwischen individueller und institutioneller Macht und Macht als ein Netzwerk in der Gesellschaft (Foucault).

Für die Philosophen im Zeitalter der Aufklärung hatte Wirtschaft keinen Einfluss auf die Entscheidungen des Volkes über die politischen Verhältnisse. Marxistisch betrachtet werden die Menschen aus ökonomischen Gründen mächtig oder machtlos. Wenn man mit Foucault argumentieren will, kann man sagen, dass die Beziehungen zwischen Individuellen und dem Institutionellen eine sehr große Rolle in der Entscheidung spielen. Für Foucault ist die Macht relativistisch zu betrachten, eine relative Beziehung zwischen institutionellen und staatlichen Organisationen oder die Beziehungen zwischen individuellen und institutionellen Verbänden, Schulen, Gefängnissen, Universitäten usw. Nach Foucaults Ausführungen in der Archäologie des Wissens hätten die merkantilistischen Philosophen und Ökonomen häufig den Fehler gemacht nach den ersten Gründen der Ökonomie zu suchen. Ihm nach könne man nicht von Ökonomie oder von der politischen Ökonomie sprechen, ohne dass es in der Gesellschaft Produktion gibt. (Vgl. Kachuyan. Hussein, Teheran .1382 erste Auflage. (2004) Foucault und Archäologie des Wissens. S 141 ff)

„Foucault ist der Meinung, dass bis Ende des 18. Jahrhunderts die Bedeutung des Daseins oder Existenz nicht existiert hatte. Es gab nur die Menschen die biologisch lebten und nicht der Existenz (…). weil man nicht ohne Ökonomie gar nicht vom Existenz sprechen kann. (…) Das Sprechen vom Dasein kommt vor als Ökonomie mit Merkantilismus vorkam usw.“ (Ebd. 143.ff Eigene Übersetzung.)

Seiner Ansicht nach werden häufig Preise und Waren bei Philosophen und Ökonomen vertauscht. Foucault war der Meinung, dass bis Mitte des 18. Jahrhunderts keine Gesellschaft und Ökonomie existierte, sondern die Gesellschaften einfach ohne Ökonomie und Geld existierten. Foucault glaubt, dass die Biologen und Wissenschaftler große Fehler immer wieder wiederholten und den Begriff des Lebens evolutionär betrachteten. Er geht mit dieser Perspektive weiter und glaubt, dass der Merkantilismus in Europa der Anfang der politischen Ökonomie war und am Anfang die Form und das Gewicht der Münzen sehr wichtig war. Für Foucault war Geld wie jede andere Ware ein Mittel mit dem man die Preise der Waren bewerten konnte (vgl.  ebd. 144ff)

Was Foucault in der Archäologie des Wissens über die Archäologie des Gelds interpretiert, ist einfach. Marx sieht Geld ein viel komplexeres Phänomen als Foucault dies tut. Marx definiert Geld unterschiedlich:

  1. Betrachtet Marx Geldals Maß der Werte. Diese Funktion wird auch noch bei Foucault angesprochen:

„Die erste Funktion des Goldes besteht darin, der Warenwelt das Material ihres Wertausdruckes zu liefern, oder die Warenwerte als gleichnamige Größen, qualitativ gleiche und quantitativ vergleichbare, darzustellen“ (23/109)

  1. Begreift Marx als Geldals Mittel der Warnzirkulation  

Marx fasst die Funktion des Gelds und Akkumulationsprozess so zusammen:

Von Waren zu Geld und wieder von Geld zu Waren (Ware – Geld –Ware) (Geld-Ware-Geld) (Zur Kritik der politischen Ökonomie. MEW Band 23. S.111)

  1. Geldals Geld

Bei Marx ist Geld ist eigene Ware, die ihren Wert nicht in anderen Waren finden soll. Geld ist Geld und selbst eine Ware, die andere Waren bewerten kann, aber selbst nicht von andern Waren bewertet werden kann.

Mit der ersten Entwicklung der Warenzirkulation selbst entwickelt sich die Notwendigkeit und die Leidenschaft, das Produkt der ersten Metamorphose die verwandelte Gestalt der Ware oder ihre Goldpuppe festzuhalten. Aus bloßer Vermittlung des Stoffwechsels wird dieser Formwechsel zum Selbstzweck. … Das Geld versteinert damit zum Schatz, und der Warenverkäufer wird Schatzbildner“ (23/144)

Marx war der Meinung, dass Geld über Investition wieder mehr Geld reproduzieren kann und Akkumulation des Kapitals nur über Ausbeutung der Arbeitskraft stattfinden kann. Geld alleine hat kein Wert, wenn aus Geld kein Kapital gemacht wird. Ein sehr wichtiges Thema über Geld, das Marx aufgegriffen hat und seine dialektische Analyse zu der Kritik der politischen Ökonomie darauf gebaut hat ist, dass er Geld als gesellschaftliche Beziehung verstanden hat. Geld ist die Beziehung des Menschen zu Waren, zu Produkten und zu der Gesellschaft. Geld ist Beziehung zu Macht, zu Staat und zu Partnern usw. Je mehr man Geld und privates Eigentum und Kapital besetzen könne, desto mehr kann man Macht akkumulieren.

Die Erklärung des Gelds ist mit der Erklärung der politischen Ökonomie verbunden und die Verbundenheit zwischen politischen Ökonomie und Machtstruktur wird nicht bei Foucault vorkommen, aber für Marx ist Macht aus ökonomischen Gründen entstanden. In dieser Arbeit wird den Macht-Begriff sowohl bei Marx als auch bei Foucault klargemacht und ihre Darstellungen über Macht interpretiert.

„In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen. Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt und welchem bestimmte gesellschaftliche Bewusstseinsformen entsprechen. Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozess überhaupt. Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, dass ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, dass ihr Bewusstsein bestimmt.“ (Aus dem Vorwort zur Kritik der Politischen Ökonomie, MEW 13, 8ff).

Marxistisch gesehen werden Macht und Politik von Produktionsverhältnissen bestimmt und sie stehen in einem dialektischen Zusammenhang zueinander, aber Macht wird mehr von der Produktionsweise beeinflusst. Was bedeutet eigentlich Macht? Wer hat in der Gesellschaft Macht und wer ist machtlos? Wie funktioniert Macht in unserer Gegenwartsgesellschaft? Dies sind Fragen, die ich in dieser Hausarbeit sowohl aus der marxistischen Perspektive als auch aus der Perspektive von Michel Foucault zu beantworten und die Analyse von Foucault zu kritisieren versuche.

Eine kurze Hausarbeit wie diese reicht nicht aus, um die Analyse aller Marxisten zu erläutern und mit Foucaults Machtanalyse zu vergleichen. Daher wird auf die Analyse des Macht-Begriffes bei Marx, Engels und Lenin, als die Begründer des „klassischen Marxismus“ beziehungsweise des „wissenschaftlichen Sozialismus“ konzentriert. Marx hatte nicht selber ein bestimmtes Buch über Macht, Staat und Regierung geschrieben, aber Engels und Lenin haben in ihren Büchern „Der Ursprung der Familie, des Privaten Eigentums und des Staates“ (Engels) und Lenin seinem Buch „Staat und Revolution“ konkret über die Begriffe „Staat“ und „Herrschaft“ geschrieben und diese Begriffe marxistisch analysiert.

Viele Anarchisten glauben, solange in der „Gesellschaft“ Macht existiert, existiert keine Gesellschaft und solange Gesellschaft existieren, kann keine „Macht“ existieren. Wenn man diesen Satz marxistisch beurteilen will, kann man ihn recht einfach widerlegen. Marxistisch gesehen kann man sagen, dass die Macht existiert, solange Ungleichheit und Klassen existieren. In früheren Gesellschaften wie Kommunen und klassenlosen Gesellschaften durfte und konnte man nicht von Herrschaft oder Macht sprechen, weil Macht für die Bevölkerung in klassenlosen Gesellschaften fremd war.

Die Entwicklung der klassenlosen Gesellschaft fand mit der Erfindung von neuen Geräten, Werkzeuge usw. der Überwindung der Wildheit zu Barbarei und von Barbarei zur anderen Gesellschaften in einem komplexen Zusammenhang statt und dauerte hunderttausende Jahre.

  1. Engels schreibt in seinem Buch:
    „Das Bild, das ich hier von der Entwicklung der Menschheit durch Wildheit und Barbarei zu den Anfängen der Zivilisation nach Morgan skizziert habe, ist schon reich genug an neuen und, was mehr ist, unbestreitbaren, weil unmittelbar der Produktion entnommenen Zügen. Dennoch wird es matt und dürftig erscheinen, verglichen mit dem Bild, das sich am Ende unsrer Wanderschaft entrollen wird; erst dann wird es möglich sein, den Übergang aus der Barbarei in die Zivilisation und den schlagenden Gegensatz beider ins volle Licht zu stellen. Vorderhand können wir Morgans Einteilung dahin verallgemeinern: Wildheit – Zeitraum der vorwiegenden Aneignung fertiger Naturprodukte; die Kunstprodukte des Menschen sind vorwiegend Hilfswerkzeuge dieser Aneignung. Barbarei – Zeitraum der Erwerbung von Viehzucht und Ackerbau, der Erlernung von Methoden zur gesteigerten Produktion von Naturerzeugnissen durch menschliche Tätigkeit. Zivilisation – Zeitraum der Erlernung der weiteren Verarbeitung von Naturerzeugnissen, der eigentlichen Industrie und der Kunst“. (Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats, Engels. 1975, S. 30-35).

Wie bereits anfangs erwähnt, verbindet man Macht häufig mit Regierung oder Herrschaft. Allgemein wird Regierung und Staat auch in der Gesellschaft verwechselt. Was Michel Foucault über Macht geschrieben hat, kann nicht im Konzept von klassischer Macht analysiert werden.

Foucault hat versucht, die Machtanalyse in einem anderen Zusammenhang zu interpretieren und diesen Begriff wieder zu definieren, aber was Foucault über Macht geschrieben hat, muss in einem anderen Konzept (Post-Strukturalismus) betrachtet werden. Für Foucault ist Macht nicht nur mit staatlicher Unterdrückung verbunden, sondern auch mit einem Netzwerk, durch welches jeder in der Gesellschaft miteinander verbunden ist. Foucaults Analyse des Macht-Begriff ist abstrakte Analyse und werden nicht auf gesellschaftliche Ebene übertragen, weil er Macht von institutioneller Betrachtung analysiert hat, ohne Institutionen abhängig von Wirtschaft und Politik zu sehen.

Er spricht in „Wahnsinn und Gesellschaft von Vernunft gegenüber dem Wahnsinn und er glaubt, dass Wissen selbst Macht ist. Er versucht, relative Macht gegen strukturalistische Macht zu definieren und die marxistische Vorstellung von Macht zu kritisieren. Michel Foucault versucht Macht anders aufzugreifen, als es bislang geschehen ist. Er geht davon aus, dass Macht lokalisiert werden kann. Diese entsteht in der Beziehung zwischen Individuum und Institutionen. Er spricht von Machtverhältnis und relativer Macht. (vgl. Habermas Foucault aus dem Lernmaterials Text, S. 309 ff.)

  1. Der Macht-Begriff bei Engels und Lenin.

Im Folgenden werden die Macht-Begriffe von Engels und Lenin näher betrachtet. Für Engels und Lenin wird Macht aus der ökonomischen Perspektive betrachtet. Je mehr privates Eigentum der Mensch besitzt, desto mehr Macht besitzt er in der Gesellschaft.

2.1 Engels.

Engels erklärt die Geschichte der Gesellschaft von einer Klassenlosen und wilden Gesellschaft bis zum Kapitalismus. Er schreibt, dass die Entstehung der Grenzen und des Gartenbaus in manchen Gesellschaften, wie etwa in barbarischen Gesellschaften, die geschlechtliche Arbeitsteilung usw., der Anfang der Entstehung des Staates sind.

„Der Gartenbau, den asiatischen Barbaren der Unterstufe wahrscheinlich fremd, kam spätestens in der Mittelstufe bei ihnen auf, als Vorläufer des Feldbaus. Das Klima der turanischen Hochebene lässt kein Hirtenleben zu ohne Futtervorräte für den langen und strengen Winter; Wiesenbau und Kultur von Kornfrucht war also hier Bedingung. Dasselbe gilt für die Steppen nördlich vom Schwarzen Meer. Wurde aber erst die Kornfrucht für das Vieh gewonnen, so wurde sie bald auch menschliche Nahrung. Das bebaute Land blieb noch Stammeseigentum, anfänglich der Gens, später von dieser den Hausgenossenschaften, endlich den einzelnen zur Benutzung überwiesen; sie mochten gewisse Besitzrechte daran haben, mehr aber auch nicht. “ (Engels, der Ursprung der Familie, des privaten Eigentumes und des Staates, Barbarei und Zivilisation IX Auflage 1962, Berlin/ DDR. S. 152-173; www.mlwerke.de).

Engels meint, die Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau hat den Männern eine bessere Position gegeben. Seitdem wird die Gesellschaft klassifiziert, und durch die Arbeitsteilung haben Männer bessere Positionen und mehr Macht: „Mit der faktischen Herrschaft des Mannes im Hause war die letzte Schranke seiner Alleinherrschaft gefallen. Diese Alleinherrschaft wurde bestätigt und verewigt durch den Sturz des Mutterrechts, Einführung des Vaterrechts, allmählichen Übergang der Paarungsehe in die Monogamie. Damit aber kam ein Riss in die alte Gentilordnung; Die Einzelfamilie wurde eine Macht und erhob sich drohend gegenüber der Gens.“ (Ebd. S. 152-173).

Engels geht mit seiner Schrift weiter und schreibt: „Der Unterschied von Reichen und Ärmeren tritt neben den von Freien und Sklaven – mit der neuen Arbeitsteilung eine neue Spaltung der Gesellschaft in Klassen. Die Besitzunterschiede der einzelnen Familienhäupter sprengen die alte kommunistische Hausgemeinde überall, wo sie sich bis dahin erhalten; mit ihr die gemeinsame Bebauung des Bodens für Rechnung dieser Gemeinde. Das Ackerland wird den einzelnen Familien zunächst auf Zeit, später ein für alle Mal zur Nutzung überwiesen, der Übergang in volles Privateigentum vollzieht sich allmählich und parallel mit dem Übergang der Paarungsehe in Monogamie. Die Einzelfamilie fängt an, die wirtschaftliche Einheit in der Gesellschaft zu werden.“ (Ebd. S. 152-173).

Die Spaltung der Gesellschaft in eine ausbeutende Gesellschaft fängt mit Sklaverei an. Engels schreibt: „Mit der Sklaverei, die unter der Zivilisation ihre vollste Entfaltung erhielt, trat die erste große Spaltung der Gesellschaft ein in eine ausbeutende und eine ausgebeutete Klasse. Diese Spaltung dauerte fortwährend der ganzen zivilisierten Periode. Die Sklaverei ist die erste, der antiken Welt eigentümliche Form der Ausbeutung: ihr folgt die Leibeigenschaft im Mittelalter, die Lohnarbeit in der neueren Zeit. Es sind dies die drei großen Formen der Knechtschaft, wie sie für die drei großen Epochen der Zivilisation charakteristisch sind; offene, und neuerdings verkleidete, Sklaverei geht stets nebeneinanderher.“ (Ebd. S. 152-173).

Die Marxisten, besonders Engels und Lenin, gehen davon aus, dass Macht durch Besitz des Privateigentums einer Klasse weiter geteilt worden ist und werden kann: „Die Bevölkerung ist äußerst dünn; verdichtet nur am Wohnort des Stamms, um den in weitem Kreise zunächst das Jagdgebiet liegt, dann der neutrale Schutzwald, der ihn von ändern Stämmen trennt. Die Teilung der Arbeit ist rein naturwüchsig; sie besteht nur zwischen den beiden Geschlechtern. Der Mann führt den Krieg, geht jagen und fischen, beschafft den Rohstoff der Nahrung und die dazu nötigen Werkzeuge. Die Frau besorgt das Haus und die Zubereitung der Nahrung und Kleidung, kocht, webt, näht. Jeder von Beiden ist Herr auf seinem Gebiet: der Mann im Walde, die Frau im Hause. Jedes ist Eigentümer der von ihm verfertigten und gebrauchten Werkzeuge: der Mann der Waffen, des Jagd- und Fischzeugs, die Frau des Hausrates. Die Haushaltung ist kommunistisch für mehrere, oft viele Familien. Was gemeinsam gemacht und genutzt wird, ist gemeinsames Eigentum: das Haus, der Garten, das Langboot. […]“ (Engels, 1962, S. 152-173.)

Engels geht weiter in seinem Buch bis zum Kapitalismus und schreibt, dass sich der Kampf zwischen Menschen um Besetzung des Eigentums dreht:  „Konnte die Gentilverfassung dem ausgebeuteten Volk keine Hülfe bringen, so blieb nur der entstehende Staat. Und dieser brachte sie in der solonischen Verfassung, indem er sich zugleich neuerdings auf Kosten der alten Verfassung stärkte. Solon – die Art, wie seine in das Jahr 594 vor unsrer Zeitrechnung fallende Reform durchgesetzt wurde, geht uns hier nichts an – Solon eröffnete die Reihe der sogenannten politischen Revolutionen, und zwar mit einem Eingriff in das Eigentum. Alle bisherigen Revolutionen sind Revolutionen gewesen zum Schutz einer Art des Eigentums gegen eine andere Art des Eigentums. Sie können das eine nicht schützen, ohne das andre zu verletzen. In der großen französischen Revolution wurde das feudale Eigentum geopfert, um das bürgerliche zu retten; in der solonischen musste das Eigentum der Gläubiger herhalten zum Besten des Eigentums der Schuldner. Die Schulden wurden einfach für ungültig erklärt. Die Einzelheiten sind uns nicht genau bekannt, aber Solon rühmt sich in seinen Gedichten, die Pfandsäulen von den verschuldeten Grundstücken entfernt und die wegen Schulden ins Ausland Verkauften und Geflüchteten zurückgeführt zu haben. Dies war nur möglich durch offene Eigentumsverletzung. Und in der Tat, von der ersten bis zur letzten sogenannten politischen Revolution sind sie alle gemacht worden zum Schutz des Eigentums – einer Art und durchgeführt durch Konfiskation erhalten werden können nur durch Eigentumsverletzung.“ (Engels, S. 152-173).

Was ich in der Einleitung über marxistische Kritik der politischen Ökonomie von Marx angesprochen habe, wurde in diesem Paragraphen von Engels angesprochen.

Er schreibt weiter: „Hier wird also ein ganz neues Element in die Verfassung eingeführt: der Privatbesitz. Je nach der Größe ihres Grundeigentums werden die Rechte und Pflichten der Staatsbürger abgemessen, und soweit die Vermögensklassen Einfluss gewinnen, soweit werden die alten Blutsverwandtschaftskörper verdrängt; die Gentilverfassung hatte eine neue Niederlage erlitten.“ (Engels, S. 152-173).

Allein mit diesem Satz kann man die Analyse der Macht von Foucault widerrufen, weil mit der Entstehung des Neo-Liberalismus die Schere zwischen Armut und Reichtum weiter auseinandergegangen ist und die Arbeiterklasse viel mehr als früher „ihr Macht“ verloren hat. Die Regierung und der Staat sind verpflichtet, die Interessen einer Klasse zu schützen, wenn sie das nicht wollen, werden sie von Banken und Firmen nicht mehr unterstützt.

Engels ist im Gegensatz zu allen Liberalen, Philosophen, Ethnologen usw., die die Antike als Ursprung der „Demokratie“ bezeichnen, der Meinung, dass in Athen der Ursprung der Sklaverei lag: „Wir sehen, dass ein wesentliches Kennzeichen des Staats in einer von der Masse des Volks unterschiedenen öffentlichen Gewalt besteht. Athen hatte damals nur erst ein Volksheer und eine unmittelbar vom Volk gestellte Flotte; diese schützten nach außen und hielten die Sklaven im Zaum, die schon damals die große Mehrzahl der Bevölkerung bildeten. Gegenüber den Bürgern bestand die öffentliche Gewalt zunächst nur als die Polizei, die so alt ist wie der Staat, weshalb die naiven Franzosen des 18. Jahrhunderts auch nicht von zivilisierten Völkern sprachen, sondern von polizierten (nations policées). Die Athener richteten also gleichzeitig mit ihrem Staat auch eine Polizei ein, eine wahre Gendarmerie von Bogenschützen zu Fuß und zu Pferd – Landjäger, wie man in Süddeutschland und der Schweiz sagt. Diese Gendarmerie aber wurde gebildet – aus Sklaven. So entwürdigend kam dieser Schergendienst dem freien Athener vor, dass er sich lieber vom bewaffneten Sklaven verhaften ließ, als dass er selbst sich zu solcher Schmachtat hergab. Das war noch die alte Gentilgesinnung. Der Staat konnte ohne die Polizei nicht bestehen, aber er war noch jung und hatte noch nicht moralischen Respekt genug, um ein Handwerk achtungswert zu machen, dass den alten Gentilgenossen notwendig infam erschien.“ (Ebd.) und er schreibt auch: „Die Entstehung des Staats bei den Athenern ist ein besonders typisches Muster der Staatsbildung überhaupt, weil sie einerseits ganz rein, ohne Einmischung äußerer oder innerer Vergewaltigung vor sich geht – die Usurpation des Pisistratos hinterließ keine Spur ihrer kurzen Dauer -, weil sie andrerseits einen Staat von sehr hoher Formentwicklung, die demokratische Republik, unmittelbar aus der Gentilgesellschaft hervorgehen lässt, und endlich weil wir mit allen wesentlichen Einzelheiten hinreichend bekannt sind.“ (Ebd. S. 177-178). Die Zusammenfassung dieses Teiles ist in einem Zitat von Engels zu finden: ist also keineswegs eine der Gesellschaft von außen aufgezwungenen Macht; ebenso wenig ist er ‘die Wirklichkeit der sittlichen Idee’, ‘das Bild und die Wirklichkeit der Vernunft’, wie Hegel behauptet. Er ist vielmehr ein Produkt der Gesellschaft auf bestimmter Entwicklungsstufe; er ist das Eingeständnis, dass diese Gesellschaft sich in einen unlösbaren Widerspruch mit sich selbst verwickelt, sich in unversöhnliche Gegensätze gespalten hat, die zu bannen sie ohnmächtig ist. Damit aber diese Gegensätze, Klassen mit widerstreitenden ökonomischen Interessen, nicht sich und die Gesellschaft in fruchtlosem Kampf verzehren, ist eine scheinbar über der Gesellschaft stehende Macht nötig geworden, die den Konflikt dämpfen, innerhalb der Schranken der ‘Ordnung’ halten soll; und diese, aus der Gesellschaft hervorgegangene, aber sich über sie stellende, sich ihr mehr und mehr entfremdende Macht ist der Staat.”  (Ebd. S. 177/178).

2.2 Lenin.

Was Lenin über Staat und Macht geschrieben hat, folgt Marx‘ und Engels‘ Vorstellung von Macht. Lenin konzentriert sich aber auf die Bourgeoisie und deren Zeitalter. Er versucht auch mit marxistischer Analyse der Macht, der bürgerlichen Vorstellungen von Macht zu widersprechen und die Diktatur des Proletariats als beste Form der Demokratie darzustellen: „Der Staat ist das Produkt und die Äußerung der UNVERSÖHNLICHKEIT der Klassengegensätze. Der Staat entsteht dort, dann und insofern, wo, wann und inwiefern die Klassengegensätze objektiv NICHT versöhnt werden KÖNNEN. Und umgekehrt: Das Bestehen des Staates beweist, dass die Klassengegensätze unversöhnlich sind.“ (Lenin, Staat und Revolution, S 397-398, in: Lenin-Werke, Band 25, S. 393-507)

Wie ich in der Einleitung geschrieben habe, kann ein Staat nur entstehen, wenn Klassenkampf und Klassen existieren. Mit anderen Worten: der Staat ist ein Produkt der Klassen und des Klassenkampfes, obwohl der Staat eine Pflicht der klassischen Gesellschaft ist, jedoch werden mit der Auflösung der Klassen Staat und Macht automatisch aufgelöst.

Lenin zitiert Marx und schreibt: „Auf der einen Seite pflegen bürgerliche und besonders kleinbürgerliche Ideologen – die sich unter dem Druck unbestreitbarer geschichtlicher Tatsachen gezwungen sehen, anzuerkennen, dass der Staat nur dort vorhanden ist, wo es Klassengegensätze und Klassenkampf gibt – Marx in einer Weise “zu verbessern”, dass der Staat sich als ein Organ der KLASSENVERSÖHNUNG erweist. Nach Marx hätte der Staat weder entstehen noch bestehen können, wenn eine Versöhnung der Klassen möglich wäre.“ (Staat und Revolution, W.I. Lenin. S 399).

Der Schwerpunkt von Marx ist, dass der Staat entstehen kann, wenn Ungleichheit und Klassen entstanden sind. Für Marx ist, im Gegensatz zu Hegel, der Staat nicht die Wirklichkeit der sittlichen Idee, sondern ein Organ, das Interessen einer bestimmten Klasse vertritt.

„Da der Staat entstanden ist aus dem Bedürfnis, Klassengegensätze im Zaum zu halten, da er aber gleichzeitig mitten im Konflikt dieser Klassen entstanden ist, so ist er in
der Regel Staat der mächtigsten, ökonomisch herrschenden Klasse, die vermittelst seiner auch politisch herrschende Klasse wird und so neue Mittel erwirbt zur Niederhaltung und Ausbeutung der unterdrückten Klasse“.
(Lenin Staat und Revolution 1972, S. 7). Nicht nur der antike und der Feudalstaat waren Organe zur Ausbeutung der Sklaven und leibeigenen und hörigen Bauern, sondern auch „der moderne Repräsentativ Staat Werkzeug der Ausbeutung der Lohnarbeit durch das Kapital. Ausnahmsweise indes kommen Perioden vor, wo die kämpfenden Klassen einander so nahe das Gleichgewicht halten, dass die Staatsgewalt als scheinbare Vermittlerin momentan eine gewisse Selbständigkeit gegenüber beiden erhält. “So die absolute Monarchie des 17. und 18. Jahrhunderts, so der Bonapartismus des ersten und zweiten Kaiserreichs in Frankreich, so Bismarck in Deutschland.“  (Ebd.). „Der Staat war der offizielle Repräsentant der ganzen Gesellschaft, ihre Zusammenfassung in einer sichtbaren Körperschaft, aber er war dies nur, insofern er der Staat derjenigen Klasse war, welche selbst für ihre Zeit die ganze Gesellschaft vertrat: im Altertum Staat der sklavenhaltenden Staatsbürger, im Mittelalter des Feudaladels, in unsrer Zeit der Bourgeoisie. Indem er endlich tatsächlich Repräsentant der ganzen Gesellschaft wird, macht er sich selbst überflüssig.

Sobald es keine Gesellschaftsklasse mehr in der Unterdrückung zu halten gibt, sobald mit der Klassenherrschaft und dem in der bisherigen Anarchie der Produktion begründeten Kampf ums Einzeldasein auch die daraus entspringenden Kollisionen und Exzesse beseitigt sind, gibt es nichts mehr zu reprimieren, das eine besondere Repressionsgewalt, einen Staat, nötig machte“. (Zitat von Anti Dühring von Engels über Lenin, Lenin Staat und Revolution, 1972. S 8-9).

„Engels entwickelt nun den Begriff jener „Macht“, die man als Staat bezeichnet, der Macht, die aus der Gesellschaft hervorgegangen ist, sich aber über sie stellt und sich ihr mehr und mehr entfremdet. Worin besteht hauptsächlich diese Macht? In besonderen Formationen bewaffneter Menschen, die Gefängnisse und anderes zu ihrer Verfügung haben.“ (Lenin, Staat und Revolution, S. 5; http://www.leipziger-kritiken.de).

Wenn wir mit marxistischer Analyse auf die Macht schauen, dann müssen wir wissen, dass Macht mit Gewalt verbunden ist, solange es Macht gibt, gibt es auch Gewalt und Unterdrückung einer bestimmen Klasse gegenüber der Bevölkerung und anderen Klasse. Wie ich geschrieben habe, folgt Lenin Marx und Engels auf eine marxistische Art und Weise und versucht zu zeigen, dass die bürgerliche Macht nur aufgehoben werden kann, wenn es eine gewaltsame Revolution der Arbeiterklasse gibt, die die Macht abschafft. Deswegen ist Lenin der Meinung, dass die sozialistische Revolution eine Pflicht ist und die Diktatur des Proletariats der einzige Weg für die Abschaffung der Macht allgemein und der bürgerlichen Macht konkret ist. „Ohne zu fürchten fehlzugehen, darf man sagen, dass von dieser wunderbar gedankenreichen engelsschen Betrachtung nur so viel wirkliches Gemeingut des sozialistischen Denkens in den heutigen sozialistischen Parteien geworden ist, dass der Staat nach Marx “abstirbt”, im Unterschied zur anarchistischen Lehre von der “Abschaffung” des Staates. Den Marxismus so zurechtstutzen heißt ihn zu Opportunismus herabmindern, denn bei einer solchen “Auslegung” bleibt nur die vage Vorstellung von einer langsamen, gleichmäßigen, allmählichen Veränderung übrig, als gebe es keine Sprünge und Stürme, als gebe es keine Revolution. Das “Absterben” des Staates im landläufigen, allgemein verbreiteten Sinne, im Massensinne, wenn man so sagen darf, bedeutet zweifellos eine Vertuschung, wenn nicht gar eine Verneinung der Revolution.“ (Lenin 1972, S. 9).

Lenin spricht vom Absterben des Staates nach der sozialistischen Revolution und zitiert nach Engels weiter: „Vom “Absterben” und noch plastischer und bildhafter vom “Einschlafen” spricht Engels ganz klar und eindeutig in Bezug auf die Epoche NACH der “Besitzergreifung der Produktionsmittel durch den Staat im Namen der gesamten Gesellschaft”, d.h. NACH der sozialistischen Revolution. Wir wissen alle, dass die politische Form des “Staates” in dieser Zeit die vollkommenste Demokratie ist. Doch keinem der Opportunisten, die den Marxismus schamlos verzerren, kommt es in den Sinn, dass hier bei Engels somit vom “Einschlafen” und “Absterben” der DEMOKRATIE die Rede ist. Auf den ersten Blick mag das sehr sonderbar erscheinen. Doch “unverständlich” bleibt das nur dem, der nicht bedacht hat, dass die Demokratie AUCH ein Staat ist und dass folglich auch die Demokratie verschwinden wird, sobald der Staat verschwindet. Den bürgerlichen Staat kann nur die Revolution “aufheben”. Der Staat überhaupt, d.h. die vollkommenste Demokratie, kann nur “absterben”.“ (Lenin 1972. S 10).

Lenin schreibt, dass unter Absterben des Staates wenige Leute verstehen, was Engels gemeint hat, weshalb diese Analyse von Opportunisten und Anarchisten ausgenutzt werden kann. Marx hat nach der Revolution in Paris (Pariser Kommune 1871) seine Analyse der Macht mehr konkretisiert und die anarchistischen Gedanken stakt kritisiert. Für eine Vertiefung ist Marx’ „Der Bürgerkrieg in Frankreich“ empfehlenswert. Die Frage, die sich jedoch hier stellt, lautet, wie der Staat absterben würde.

„Man könnte wetten, dass von 10.000 Menschen, die vom “Absterben” des Staates gelesen oder gehört haben, 9.990 überhaupt nicht wissen oder sich nicht entsinnen, dass Engels seine Schlussfolgerungen aus diesem Satz NICHT NUR gegen die Anarchisten richtete. Und von den übrigen zehn Menschen wissen neun sicherlich nicht, was der “freie Volksstaat” ist und warum in dem Angriff auf diese Losung ein Angriff auf die Opportunisten steckt. So wird Geschichte geschrieben! So wird die große revolutionäre Lehre unmerklich dem herrschenden Spießbürgertum angepasst. Die Schlussfolgerung gegen die Anarchisten wurde Tausende Male wiederholt, banalisiert und möglichst versimpelt in die Köpfe eingehämmert und gewann die Festigkeit eines Vorurteils. Die Schlussfolgerung gegen die Opportunisten aber wurde vertuscht und „vergessen”  .  (Lenin, 1972. S. 10).

3.      Analyse des Mach-Begriffes bei Foucault

Erstens kann man sagen, dass die Analysen Foucaults sehr vielfältig sind, zweitens sind die Machtanalysen von ihm komplizierter und vielfältiger sind, als was durch andere Analytiker bis heute beschrieben wurde. Um die Machtanalysen von Foucault zu verstehen, ist es sinnvoll, seine Werke komplett zu lesen und sie sowohl psychologisch als auch geschichtlich, philosophisch und soziologisch zu betrachten. Es wird hier versucht, die Machtanalyse von Foucault klar zu machen und zu zeigen, wie Foucault Macht betrachtet hat. Wie Michael Ruoff geschrieben hat, „die Macht darf als Kernbegriff des foucaultschen Werkes gelten. Ihre Analyse nach seiner Meinung (Michael Ruoff) „führt zu verschiedenen Machttypen, die sich in unterschiedlichen Arbeiten verbinden. (….) Die Auseinandersetzung mit dem Thema beginnt mit einem traditionell juridisch geprägten Begriff der mit dem Königtum in Verbindung steht. Die historischen Ausgangsbedingungen in „Wahnsinn und Gesellschaft“ legen diesen Machtbegriff fast zwingend nahe, denn die Macht konzentriert sich im Absolutismus auf den König selbst“. (Foucault-Lexikon, Michael Ruoff, 2007, S. 146.)
In Wahnsinn und Gesellschaft erklärt Foucault wie der Wahnsinn geschichtlich zu betrachten ist und wie die allgemeine Betrachtung auf den Wahnsinn von der Antike bis zur Gegenwart geändert wurde. Er spricht in diesem Werk von Geburt der Klinik in Paris 1656. Seitdem werden verrückte Menschen, anstatt dass sie getötet werden, zumindest in Europa in die Klinik geschickt und psychologisch behandelt. Michel Foucault schreibt, dass zu einer bestimmten Zeit Wahnsinn als Begriff in der Gesellschaft nicht existierte und verrückte Menschen ohne Unterschied zu psychisch gesunden Menschen gelebt haben. In der Funktion der Ausschließung taucht die Macht in „Ordnung des Diskurses“ auf. Es geht nicht um Institutionen, sondern um Diskurse. Die Macht funktioniert in der Form des Willens zum Wissen als Ausschließung für den Diskurs. (Foucault-Lexikon, Michael Ruoff, 2007, S. 146).

Foucault beschreibt Macht in „Ordnung des Diskurses“ mit „Selbst-Zensieren“ in der Öffentlichkeit. Das heißt, wie er beschrieben hat, nicht jeder darf in der Öffentlichkeit alles sagen was er sagen will. Mit anderen Worten, wenn man mit Foucault argumentieren will, beschränkt das Wissen den Diskurs. (Ebd. S. 146). Ich würde argumentieren, dass nicht das Wissen den Diskurs beschränken kann, sondern dass der Diskurs von Mächtigen beschränkt wird. Man kann sagen, dass Foucault die Beschränkung der Meinungsfreiheit in diesem Buch nicht nur akzeptiert hat, sondern dafür Propaganda gemacht hat. In Willen zum Wissen erscheint Macht als Ausschließung des falschen Diskurses. (vgl. OD, S.15, Ebd.).

Foucault geht mit seiner Analyse weiter und spricht von einem depersonalisierten Machtbegriff. „Die Macht ist demnach keine einer Einzelperson oder regierenden Gruppierung zuschreibe Eigenschaft, sondern sie verbindet sich mit bestimmten gesellschaftlichen Einrichtungen und Aufforderungen: »Diese Macht vielmehr etwas, was jemand besitzt, sondern vielmehr etwas, was sich entfaltet«“ (Ebd., S.147; ÜuS. S38; vgl. auch PM S.42f.)

Foucault verändert seine Einstellung in „Wille zum Wissen“ gegenüber der Macht noch einmal. Er spricht dort von Bio-Macht statt einem jüdischen Machtbegriff. (vgl. Foucault-Lexikon, Michael Ruoff, S. 147).

Bio-Macht bedeutet für ihn, dass Staat nicht mehr mit dem Menschen zu tun hat, wie sie ihr sexuelles Verhalten organisieren. „Die Befreiung von Repression bedeutet eine Bejahung des Sexes, aber diese Bejahung führt zum Sexualitätdespositiv. Die Zustimmung ist also eine Anleitung systematisch noch tiefer an die Macht zu binden, in dem eine vermeintliche Befreiung oder Wahrheit über sich selbst in Aussicht gestellt wird.“ (Ebd. S. 188).

Die letzte Ergänzung von der Macht bei Foucault, ist Geschichte der Gouvernementalität. Die großflächige Anwendung der Macht-Theorie ist der Zusammenhang zwischen Macht und der Politik. (vgl. Ebd., S. 147).

Es wird im nächsten Teil klargemacht, wie die sich geschichtlich Macht verändert hat, aber bevor man über die Geschichte der Macht bei Foucault sprechen soll, kann man sagen, dass feudalistische Macht immer noch sowohl in den USA (Guantanamo) als auch weltweit im Iran, Irak, Afrika, sich als Überbau des Kapitalismus und als Rückgang in der Geschichte reproduziert hat und immer wieder stärker wird. Was in der feudalen Gesellschaft mit dem Menschen von der kirchlichen Macht gemacht wurde, wie Foucault in „Überwachung und Strafen“ beschrieben hat, wird heutzutage von faschistischen Islamisten mit anderen Menschen gemacht, deswegen kann man nicht die Analyse der Macht von Foucault, die über die Gefängnisse in Schweden geschrieben wurde, auf das Verhalten von Staaten gegenüber dem Menschen in den USA und in anderen Ländern übertragen.

3.1 Geschichtliche Betrachtung des Machtbegriffes bei Foucault

Wenn man „Überwachen und Strafen“ liest, fängt dieses Buch mit einer Geschichte vom 02. März 1757 an, als Damiens vor dem Haupttor eine Kirche in Paris verurteilt wurde und sein Körper in Öffentlichkeit in Stücke geschnitten wurde. Foucault erzählt weiter und beschreibt ein Urteil „Gazette d Amsterdam“ der mit 4 Pferden nicht umgebracht werden konnte und man anschließend mit 6 Pferden versuchte, ihn zu töten und in 4 Stücke zu schneiden.

Diese krassen Geschichten von feudalistischen Machtstrukturen zeigen, wie damals in feudalen Gesellschaften im Westen mit Menschen umgegangen wurde. Die Totalität dieser Macht kann man mit einem focaultschen Begriff als Vernichtung des Körpers benennen. (vgl. Überwachung und Strafen, Michel Foucault, die Hauptwerke, S. 705ff. Erste Auflage 2008, Frankfurt am Main).

Foucault betrachtet die Macht in diesem Buch nicht von ökonomischer Perspektive oder von der Perspektive „zu Kritik der politischen Ökonomie“ (Marxismus) sondern von geschichtlicher Perspektive. Für Max Weber ist Macht eine monopole Besetzung der Gewalt, was bei Foucault nicht vorkommen wird, Foucault betrachtet die Gesellschaft von der Überbauseite. (vgl. Zur Kritik der politischen Ökonomie MEW 13ff, Marx, Vorwort des Kapitals und Wirtschaft und Gesellschaft, Max Weber Online 33ff, 1922*)

Foucault spricht von Abschaffung der barbarischen Strafen am Anfang des 19. Jahrhunderts und die Ablösung diesen Straffen mit Überwachung und Kontrolle. Für Foucault sind das feudalistisches Rechtssystem und der feudale Staat mit Jägern vergleichbar, die Tiere umbringen wollen; der moderne Staat hingegen ist wie Menschen, die Tiere im Zoo (Gefängnis) beobachten und kontrollieren wollen. (vgl. Überwachung und Strafen, S707ff, 2008 HW).

Die Quellen die in „Überwachen und Strafen“ von Foucault benutzt wurden sind meistens Archive von Gefängnissen in Schweden und Foucaults Analyse der Macht kann insofern nicht für andere Länder gelten, weil immer noch, beispielsweise in Guantanamo, die Polizisten mit Menschen wie im Feudalismus umgehen. Eine andere Kritik an Foucault, die man häufig hört ist, dass er die Rolle der „Reformation“ und Martin Luther im Christentum als ein „Revisionist“ nicht gesehen hat und die Rolle der Industrialisierung bei ihm überhaupt nicht wichtig ist. Man kann sagen, dass der Feudalismus wie eine Periode der menschlichen Geschichte eines Tages verschwinden musste und es nur passieren konnte, indem feudalistische Machtsysteme und der Staat aufgelöst wurden.

In dieser Betrachtung kann man gegenüber dem Foucault sehr kritisch sein und seine Analyse nicht philosophisch, sondern geschichtlich und psychologisch betrachten.

Macht wurde bei Foucault aus verschiedenen Ansichten betrachtet. Zuerst kann man sagen, dass Macht für ihn in Diskursen betrachtet wird. Man kann nicht überall sagen, was man sagen will. Diskurse zeigen, wie viel Macht ein Mensch hat. Zum Beispiel darf man die bürgerliche Demokratie in Deutschland kritisieren, aber man darf nicht sagen, dass in Deutschland keine Demokratie existiert! (vgl. Michel Foucault: Jenseits von Strukturalismus und Hermeneutik, Hubert L. Dreyfus & Paul Rabinow 1994 aus dem Persischen, S. 297 ff.).

Zweitens versucht Foucault Macht mit dem Wissen und Normen in der Gesellschaft zu erklären. Die dritte Analyse der Macht bei Foucault ist die Macht des Körpers und die Macht über den Körper, die in „Sexualität und Wahrheit“ aufgegriffen wurde. Diese Macht wurde bei Foucault „Bio-Macht“ genannt. Foucault versucht gleichzeitig, den Diskurs der Sexualität in der Geschichte aufzuzeigen. Er ist der Meinung, dass zumindest ab dem 18. Jahrhundert im Westen Staat und Polizei nichts mehr damit zu tun haben, mit wem man schlafen will. (vgl. Sexualität und Wahrheit, die Hauptwerke von Foucault 2008, S. 1046).

Foucault schreibt, dass im 17. Jahrhundert kein Pädagoge mehr öffentlich – wie Erasmus in seinen Dialogen – seinen Schüler in der Wahl einer guten Prostituierten unterwiesen hat. (vgl. S&W, S. 1048).

Die Diskurse, die im 18. und 19. Jahrhundert über den Sex begonnen haben, wurden zuerst in der Medizin, dann in der Psychotherapie angefangen, danach wurde es im Westen normal, dass die Menschen über ihren sexuellen Beziehungen gesprochen haben. (vgl. Ebd., 1052).

John Rees schreibt in „Die Algebra der Revolution“, dass die Analyse der Macht von Foucault, sowohl sehr abstrakt ist, als auch sehr reformistisch mit Unterdrückung umgeht. John Rees kritisiert dort sowohl die Neomarxisten wie Althusser (Lehrer von Foucault) als auch die postmodernistische Bewegung. Er ist der Meinung, dass diese zwei Gruppen, aus dem Scheitern von Arbeiterklassenbewegung entstanden sind und nichts mit wissenschaftlichem Sozialismus zu tun haben. (vgl. Rees, Die Algebra der Revolution: Die Dialektik und die klassische marxistische Tradition, S. 449 ff. 1998, Ausgabe in Persisch, Teheran 2002).

Obwohl die strukturalistischen Marxisten und Postmodernisten aus unterschiedlichen Traditionen kommen, lehnen beide die Tradition der hegelschen Dialektik ab und glauben, dass die Arbeiterklasse keine Rolle in einer Revolution spielen kann. Obwohl diese Ideen radikal aussehen können sind sie sehr reformistisch. (vgl. Rees, S. 470).

3.2  Foucault und Kritik der Moderne

Habermas ist einer der großen Kritiker der foucaultschen Machtanalyse. „Foucault gewinnt diesen Boden freilich nur dadurch, dass er im Hinblick auf seine eigene genealogische Geschichtsschreibung nicht genealogisch denkt und die Herkunft seinen transzendental historistischen Machtbegriff unkenntlich macht“ (Habermas, Foucault, S. 316).

„Foucaults Konzept entlehnt empirische Tradition der Macht (…)und gleichwohl behält »Macht« in den Händen von Foucault einen buchstäblich ästhetischen Bezug zu Körperwahrnehmung, zu schmerzhaften Erfahrung geschundenen Liebes.“ (Habermas. F S. 334).

Michel Foucault ist extrem gegen die Moderne, obwohl er sich nicht als postmodern bezeichnet hat. Michel Foucault kritisiert die Moderne ohne selbst eine Alternative zu empfehlen. Habermas stellt viele wichtige Frage an Foucault, die ich hier wiederholen möchte.

Wie steht Foucault zu den politischen Idealen der Aufklärung?  Verwirft er das Projekt, die Praktiken und Institutionen im Hintergrund, die die Möglichkeiten des sozialen Lebens strukturieren, zu untersuchen, um sie unter die bewusste, kollektive Kontrolle der Menschen zu bringen? Lehnt er die Konzeption von Freiheit als Autonomie ab, die dieses Projekt vorauszusetzen scheint? Ist er auf einen totalen Bruch mit der seit langem bestehenden westlichen Tradition aus, Emanzipation durch rationale Reflexion zu erreichen?“ (Nancy Fraser, 1994, S. 57.).

Für Foucault ist nicht klar, was er haben oder was er nicht haben will. Die Französische Revolution, die industrielle Revolution, Zeitalter der Aufklärung, Moderne, Säkularismus, Oktoberrevolution usw., sind alle große Vorschritte, die von Menschen gemacht wurden. Es gab Zeiten, in denen Kapitalismus große Rückschritte gemacht hat, aber die Moderne zu kritisieren, ohne selbst bessere Alternative zu haben ist meines Erachtens ein Rückgang in Richtung Vormoderne. Da Vormoderne dem Feudalismus entspricht, wurde der Post-Modernismus oft als feudalistische Bewegung innerhalb der Linken bezeichnet.

Nancy Fraser argumentiert mit Habermas gegen Foucault und nennt Foucault einen Jungkonservativen. (vgl. Widerspenstige Praktiken, Macht, Diskurs, Gesellschaft Gender Studies, Edition Suhrkamp. SV, erste Auflage. S 56. 1994, Frankfurt am Main): „Nach Habermas ist eine solche Kritik theoretische Paradox und politisch suspekt zu gleich. Sie ist theoretisch paradox, weil sie nicht umhinkann, unterschwellig eine Reihe von moderner Kategorien und Einstellungen vorauszusetzen, deren Überwindung sie beansprucht. Und sie ist politisch suspekt, weil sie nicht so sehr auf eine dialektische Auflösung der Probleme moderner Gesellschaften, sondern auf radikale Ablehnung der Moderne überhaupt abzielt.“ (Nancy Fraser, S. 56).

Michel Foucault ist einer der einflussreichsten Philosophen, der seine Analyse auf ganz andere Art und Weise geschrieben hat. Wenn wir Marxismus als strukturalistische Analyse der Moderne definieren (was meines Erachtens nicht richtig ist), sind Foucaults Analysen als poststrukturalistisch beziehungsweise postmodernistisch zu bezeichnen, weil Foucaults Analyse nicht mehr auf diese Art und Weise (Strukturalismus) die Gesellschaft betrachtet. Foucault kritisiert mit seiner Analyse die Moderne, aber er empfiehlt im Gegensatz zum Marxismus keine Alternative. Seine Analyse kann deshalb nur als rebellische Kritik ohne praktische Veränderungen in der klassischen Gesellschaft betrachtet werden. In seinen Büchern spricht Michel Foucault viel über das Thema Macht und offensichtlich war die Analyse der Macht für ihn extrem wichtig.

„Wichtig ist, so glaube ich, dass die Wahrheit weder außerhalb der Macht steht noch ohne Macht ist […]. Die Wahrheit ist von dieser Welt; in dieser wird sie aufgrund vielfältiger Zwänge produziert, verfügt sie über geregelte Machtwirkungen. Jede Gesellschaft hat ihre eigene Ordnung der Wahrheit, ihre allgemeine „Politik der Wahrheit.“ (Foucault, Michel: Dispositive der Macht. Michel Foucault über Sexualität, Wissen und Wahrheit. Übers. von Elke Wehr, Berlin, 1978, S.51).

Für Michel Foucault stehen Macht und Wissen in einem komplexen Zusammenhang, je mehr Wissen man hat, desto mehr Macht kann man in einer Gesellschaft haben. Für ihn gibt es keine Menschen, die keine Macht haben.

Eher ist wohl anzunehmen, dass die Macht Wissen hervorbringt (und nicht bloß fördert, anwendet, ausnutzt); dass Macht und Wissen einander unmittelbar einschließen; dass es keine Machtbeziehung gibt, ohne dass sich ein entsprechendes Wissensfeld konstituiert. Diese Macht/Wissen–Beziehungen sind darum nicht von einem Erkenntnissubjekt aus zu analysieren, das gegenüber dem Machtsystem frei oder unfrei ist. Vielmehr ist in Betracht zu ziehen, dass das zu erkennende Subjekt, das zu erkennende Objekt und die Erkenntnisweisen jeweils Effekte jener fundamentalen Macht/Wissen–Komplexe und ihrer historischen Transformationen bilden. Es ist also nicht so, dass die Aktivität des Erkenntnissubjekts ein für die Macht nützliches oder gefährliches Wissen hervorbringt; sondern die Formen und Bereiche der Erkenntnis werden vom Komplex Macht/Wissen, von den ihn durchdringenden und konstituierenden Prozessen und Kämpfen bestimmt.“ (Foucault, Michel: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Übers. von Walter Seitter. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 1994, S.39f.; OA: Surveiller et punir. Naissance de la prison. Paris 1975).

3.3. Macht und Körper

Er spricht auch gleichzeitig von Macht über den Körper. In Überwachen und Strafe schreibt Foucault, dass Gefangene in Gefängnissen im Westen seit 1970 nicht mehr körperlich geschlagen werden. Die körperliche Bestrafung wurde durch die Kontrolle über den Körper abgelöst.

Das Wort Subjekt hat einen zweifachen Sinn: durch Kontrolle und Abhängigkeit jemandem unterworfen zu sein und durch das Bewusstsein und Selbsterkenntnis seiner eigenen Identität verhaftet zu sein. Beide Bedeutungen unterstellen eine Form von Macht, die einen unterwirft und zu jemandes Subjekt macht. (Foucault, Michel (1987): Das Subjekt und die Macht. Übers. von Claus Rath und Ulrich Raulff. In: Dreyfus, Hubert L.; Rabinow, Paul: Michel Foucault. Jenseits von Strukturalismus und Hermeneutik.Frankfurt a.M.: Athenäum, S. 246f).

Foucault wollte gleichzeitig mit der Analyse der Macht über den Körper die marxistische Analyse der Macht widerrufen und sagt: „Der Körper wurde so zum Einsatz eines Kampfes zwischen den Kindern und den Eltern, zwischen dem Kind und den Kontrollinstanzen. Die Revolte des geschlechtlichen Körpers ist die Gegenwirkung dieses Vorrückens. Wie antwortet darauf die Macht? Mit einer ökonomischen (und vielleicht auch ideologischen) Ausbeutung der Erotisierung, von den Erzeugnissen zur von Sonnenbräunen bis hin zu den Pornofilm. . .Eben als Antwort auf die Revolte des Körpers hat man es nun mit einer neuen Besetzung zu tun , die sich nicht mehr in Form einer repressiven Kontrolle, sondern einer stimulierenden Kontrolle darstellt: »Zeige dich nackt . . . aber sei schlank, schön und gebräunt!« Auf jede Bewegung einer der beiden Widersacher antwortet der andere mit einer Bewegung. Doch handelt es nicht dabei um eine »Vereinnahmung« in dem von den Linksradikalen gemeinten Sinne. Man muss die Endlosigkeit des Kampfes akzeptieren . . . Was nicht heißen soll, das er eines Tages enden wir…“. (Michel Foucault Analytik der Macht STW, 1759. S 76) (Dieses Interview wurde 1976 mit Foucault gemacht und das Buch, das ich zitiere, hat keine Jahresausgabe, STW).

Foucault geht mit seiner Kritik weiter und versucht Marxismus (Die Bewegung von 1968) als Dogma darzustellen, was auch der Neoliberalismus macht oder gemacht hat. Er sagt, dass das, was im Jahr 1968 passierte, nichts mit Marxismus zu tun hat. Trotzdem kann er sich nicht von der Kritik des wissenschaftlichen Sozialismus loslösen.

„Im Ablauf eines politischen Prozesses – ich weiß nicht, ob es ein revolutionärer ist – ist das Problem des Körpers immer beharrlicher hervorgetreten. Man kann sagen, dass das, was seit 1968 geschehen ist – und wahrscheinlich auch dessen Vorbereitung -, zutiefst antimarxistisch war. Wie werden sich die europäischen revolutionären Bewegungen von dem »Marxeffekt« von den, für das 19. Und das 20. Jahrhundert eigentümlichen, Institutionen befreien können? Das war die Ausrichtung dieser Bewegung. In dieser Infragestellung der Identität des Marxismus als revolutionärer Prozess, einer Identität, die eine Art Dogma darstellte, ist die Bedeutung des Körpers einer der wichtigsten, wenn nicht wesentlichen Momente. (Ebd. S. 76).

Foucault spricht auch von Machtverhältnis und sagt: „Meine Suche geht dahin, dass ich zeigen möchte, wie die Machtverhältnisse materiell in die eigentliche Dichte der Körper übergehen können, ohne das die durch die Vorstellung der Subjekte übertragen werden müssen. Wenn die Macht den Körper trifft, so nicht, weil die zunächst im Bewusstsein der Leute verinnerlicht wurde. Es gibt ein Netz eine Bio – Macht, einem Soma – Macht, die selbst ein Netz ist, von dem aus die Sexualität als historisches und kulturelles Phänomen entsteht, in dessen Innerem wir uns sowohl erkennen als auch verlieren. (Foucault. GQ. S 129)

Foucault spricht auch von staatlicher Macht und nennt Widerstand von Linksradikalem Terrorismus, deswegen sind manche Linksradikale und auch Linke, die keinen postmodernistischen Hintergrund haben, der Meinung, dass Foucault konservativ und neoliberal war.

„Keine politische Partei, die einmal die Regierung seines Staates übernehmen will, kommt umhin, den Terrorismus zu verurteilen, denn Terrorismus ist nicht anders als Kampf gegen den Staat, der bewaffnete Kampf gegen den Staat. Außerdem vermag die öffentliche Meinung sich kaum einer Serie terroristische Anschläge wiederzufinden. Wenn der Terrorismus jedoch in einer nationalistischen Bewegung verankert ist, wird er bis zum gewissen Maß akzeptiert.“ (Foucault, GQ. S. 137)

Nancy Fraser widerruft Foucault auf Ebene von Habermas‘ Analyse und schreibt: „Obwohl ich Foucaults thematischen Schwerpunkt aufgegriffen habe, hat mich seine Standortbestimmung verwirrt. Die Aktivistin in mir fragte sich wiederholt nach den Quellen seines Engagements. Welche praktische Arbeit und welche politische Bildung hatte er? Auf der einen Seite scheinen seine Darstellungen des »kapillaren« Charakters der modernen Macht die möglichen Orte des politischen Kampfes zu vervielfachen und Ausbreitung neuer sozialer Bewegungen aufzuwerten; dadurch unterstützt sie als Theorie der Kritik der Neuen Linken am Ökonomismus sowie seine Erweiterung dessen, was als politisch gilt. Auf der anderen Seite ist schwer zu sagen, was man von Foucaults Zurückhaltung in normativen und programmatischen Fragen, was für seine Abneigung dagegen, zu überlegen, wie all diese unterschiedlichen Kämpfe koordiniert werden können und was für einen Wandel sie erreichen können, und schließlich was für seiner viel diskutierten archäologischen »Kälte« zu halten ist.“ (Nancy Fraser, Widerspenstige Praktiken, Macht, Diskurs, Geschlecht. 1994, S. 12).

4. Zusammenfassung und Fazit Ausblick.

In dieser Arbeit ging es um den Macht-Begriff des Marxismus nach Marx, Engels und Lenin als auch bei Foucault klar zu machen und wie man mit Marx oder Foucault Macht interpretieren kann und wie Macht dargestellt wird.

Foucault war der Ansicht, dass die Macht sowohl zwischen Individuen als auch zwischen Individuum und Intuitionen funktioniert und reproduziert wird. Man kann mit Foucault Analyse der Macht erklären wie Macht in der Gesellschaft funktioniert, aber keiner kann mit seiner Analyse erklären, warum Macht so funktionieren soll, wie Foucault es dargestellt hat.   Foucault interpretiert Macht in einem gesellschaftlichen Zusammenhang zwischen Individuum zu Individuum und Individuum zu Intuitionen, Staaten, Kirchen, Schulen, Krankenhäusern usw. Aber er stellt nicht diese Frage, wie die Macht aus ökonomischen Interessen in früheren Gesellschaften entstanden ist und wie das private Eigentum an Produktionsmitteln die Macht beeinflusste, was Marxismus besonders Engels sehr gut dargestellte. Zum Beispiel kann es viele Variablen geben, die die Macht beeinflussen, wie Triebe, körperliche Schwache oder Stärke, privates Eigentum, Produktionsweise usw. Diese Dinge kommen bei Foucaults Analyse des Macht-Begriffes nicht vor, aber logischerweise haben jede von diesen Dingen automatisch Einfluss auf Macht der Menschen. Foucault erwähnt sehr selten externe Ressource der Macht. (external resource for explanation of Power mechanism). Für Ihn sind interne Ressourcen viel wichtiger. Foucault erklärt die Funktion der Macht und nicht der Ursprung (origen) der Macht. Dieser Fehler wurde oft von Soziologen, die mit rationalen Theorien an die Gesellschaft schauen gemacht, z.B. Norbert Elias macht den gleichen Fehler.

Für Marx steckt Macht im privaten Eigentum und in der Produktionsweise und die können Macht sowohl beeinflussen als auch Hegemonie der Menschen schaffen. Z.B spricht Marx in den Grundrissen der Kritik der Politischen Ökonomie von asiatischer Produktionsweise und ihrem Einfluss auf die orientalische Despotie. Diejenigen, die in Asien, den Grundbesitz hatten und Eigentümer des Aquädukts waren, waren diejenigen die Macht hatten und sogar sich als Vertreter des Gottes bezeichnet haben. Im genannten Beispiel aus der asiatischen Produktionsweise kommt dem Aquädukt die Rolle der Basis zu. Marx hat jedoch nicht reduktionistisch auf Macht geschaut. Für Marx war Basis und Überbau sehr wichtig und er analysiert die Macht als dialektisches Verhältnis zwischen Basis und Überbau. Diese Interpretation ist jedoch nicht mechanisch gedacht, was aber oft sowohl von AkademikeInnen als auch von positivistischen MarxistInnen mit Marxismus gemacht wurde. Marx interpretiert nicht nur die Macht als Begriff, sondern spricht gleichzeitig von der Praxis. Für Marx ist wichtig wie man die Macht-Struktur verändern kann, aber bei Foucault geht es darum wie man sprachlich besser Macht darstellen kann.

„In Dinge der Diskurse was für Foucault wichtig erscheint ist nicht, die Veränderung der Diskurse, sondern die Wörter, die benutzt werden, deswegen ist Edward Said der Meinung, dass die Wörter für Foucault die Rolle der Soldaten im Krieg spielen“. (vgl. Kozlowski David, Persische Übersetzung von Yazdanjou, Payam, gesamte Schriften, S. 280 ff. Erste Auflage, Teheran 2002. Nashr Markaz)

Eine wichtige Kritik an Foucault ist, dass er selektiv die Geschichte betrachtet hat und er nur die Fakten sammelt, die für ihn und seine Analyse nützlich sind. Im Gegenteil dazu betrachtet Marx die Gesellschaft allgemein. Für ihn waren Basis und Überbau jeder Gesellschaftsform von früheren Gesellschaften bis in die Gegenwart sehr wichtig. Die Analyse von Marx gilt für alle kapitalistische Gesellschaften, egal ob europäische oder orientalische Gesellschaften. Wenn man auf Wahnsinn und Gesellschaft oder besonders Überwachen und Strafen zurückkommt sieht man, dass diese Analysen nur für Nordeuropa gültig sind. Zudem kann man die Situation von Gefangenen in Schweden nicht mit der Situation von Gefangenen in den USA vergleichen. Foucault war mit Althusser jahrelang im Kontakt und seine Analyse des Marxismus hat er von Althusser übernommen. Althusser ging es aber als strukturalistischer Marxist um Staat und Bürokratie und nicht um die Analyse der Produktionsweise und ihren Einfluss auf Macht und staatliche Intuitionen. Deshalb war Foucault der Meinung, dass Marxismus Macht im Staat zusammengefasst habe. Es gibt die Hypothese, dass Foucault sich sehr selten mit marxistischer Literatur beschäftigt hat und was er über Marxisten sage, ginge um eine Kritik an Althusser und nicht eine Kritik an Marx.

Um hierbei nicht die immer gleichen Debatten und Gereiztheiten aufzuwärmen, scheint es mir sinnvoll, Foucaults herrschafts- und politiktheoretischen Instrumente der Reihe nach und vor allem nüchtern zu diskutieren(….)

Deren ‚Produktivität’ bestimmt er über die Begriffe der ‚Machttechnik’ und des ‚Macht-Wissens’. Gegenüber Interpretationen, die Macht und Wissen in eins setzen, halte ich es für unabdingbar, zunächst zwischen beidem zu unterscheiden, um danach den Zusammenhang herzustellen. Mit den Konzepten der Disziplin, der Normalisierung, der Biopolitik und der Gouvernementalität geht es Foucault um institutionalisierte Rückkoppelungsprozesse zwischen wissenschaftlichem Wissen und Herrschaft. Nach meiner Lesart legt er damit einen Begriff der Sozialtechnologie nahe, der auf von wissenschaftlichem Wissen organisierte und autorisierte Herrschaftsverfahren referiert. (Urs Lindner Alles Macht, oder was?  S. 4.  Aufrufbar im Internet unter dieser Link, http://www.rote-ruhr-uni.com/cms/IMG/pdf/ProklaAllesMacht.pdf Foucault, Althusser und kritische Gesellschaftstheorie)

Um diese Arbeit zusammenzufassen sollen einige wichtige Punkte wiederholt werden:

Erstens ist die Foucaultsche Analyse des Macht-Begriffes im Gegensatz zur marxistischen Analyse selektive Betrachtung der Macht.

Zweitens gehört Foucault nicht zur Generation der Marxisten und im Gegensatz zu poststrukturalistischen, die Foucault als Generation die kritischen Theoretiker betrachten. Man kann sagen, dass Foucault seine Analyse nicht ökonomisch und dialektisch aus der Gesellschaft interpretiert und hieraus Macht analysiert, sondern diese teilweise aus einer einfacher Betrachtung von Gefängnissen und Krankenhausen und aus dem Lesen des Gefangeninterviews zusammenfasst.

Drittens ist Foucault-Analyse der Analyse den Sophisten nahe, die Experten im Bereich der Benutzung der Sprache sind. Die Argumentationen von ihm sind vielfältig und man kann keinen richtigen Zusammenhang finden, mit dem man Foucault bezeichnen kann. Foucault bewegt sich vom einem sogenannten Marxismus bis zum Neoliberalismus, deswegen ist es sowohl sehr schwierig Foucault zu verteidigen, als auch ihn zu kritisieren.

Viertens spricht er von „Humanität“ des Staates in Europa ohne, dass er die wirtschaftliche Entwicklung, die Entwicklung der Produktionsweise und ihren Einfluss auf Staat, Kultur, Macht und Herrschaft erwähnt.

Bei Marx bestimmt Produktionsweise den Überbau und Überbau kann auch teilweise die Produktionsweise beeinflussen, was gar nicht von Foucault aufgegriffen wurde.

Literaturverzeichnis:

Engels, Friedrich, Stuttgart, 1894.

Foucault, Michel, Die Hauptwerke, 2008.

Foucault, Michel, Archäologie des Wissens, Frankfurt am Main, 1973.

Foucault, Michel, Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses, 1994.

Foucault, Michel, Mikrophysik der Macht Über Strafjustiz, Physiatrie und Medizin, Berlin 1976.

Foucault, Michel, Die Hautwerke 2008.

Fraser, Nancy, Widerspenstige Praktiken, Macht, Diskurs, Geschlecht, Gender Studies 1994 Edition Suhrkamp. SV, erste Auflage Frankfurt am Main

Max Weber im Kontext – Werke auf CD-ROM, Herausgegeben von: Wirtschaft und

Gesellschaft.

(Vgl. Kachuyan. Hussein, Teheran .1382 erste Auflage. (2004) Foucault und Archäologie des Wissens. S 141 ff)

Lenin, W. I. Staat und Revolution, 1917, W.I.  (In: Lenin-Werke, Band 25, S. 393-507).

Marx, Karl, Die Thesen über Feuerbach. 11 These, Seitenzahlen verweisen auf: Marx-Engels Werke, Band 3, Seite 533 ff. Dietz Verlag Berlin, 1969).

Marx, Karl, Bürgerkrieg in Frankreich, (Karl Marx/Friedrich Engels – Werke, Dietz Verlag. Berlin. Band 17, 5. Auflage 1973, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 313-365.).

Rees, John, Die Algebra der Revolution, Die Dialektik und die klassische marxistische Tradition. S 449 ff. 1998. Ausgabe in Persisch, Teheran 2002.

Schweidler, Walter, Der gute Staat, Politische Ethik von Platon bis zur Gegenwart, 2 Auflage 2004.

Smart, Barry, Michel Foucault: Critical Assessment Foucault, 2002.

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http://www2.klett.de/sixcms/list.php?page=lexikon_suchergebnis_artikel&extra=Leben%20Leben%20-%20Lexikon%20der%20Philosophen%20und%20Denker&inhalt=&mytitle=Lexikon%20der%20Philosophen%20und%20Denker&titelfamilie=&artikel_id=842276

http://www.deuframat.de/gesellschaft/gesellschaftsvergleiche/zum-nationsverstaendnis-in-frankreich-und-deutschland/hegel-legitimiert-den-preussischen-autoritarismus.html

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ideengeschichte-die-liberalen-und-der-staat-11715508.html

http://www.leipziger-kritiken.de/Lenin-Staat_und_Revolution%20%281917%29.pdf

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http://www.mlwerke.de/me/me17/me17_319.htm

http://www.marcus-steinbrenner.info/docs/texte/foucault_einf.pdf

. (Urs Lindner Alles Macht, oder was?  S. 4.  Aufrufbar im Internet unter dieser Link, http://www.rote-ruhr-uni.com/cms/IMG/pdf/ProklaAllesMacht.pdf Foucault, Althusser und kritische Gesellschaftstheorie)